Aus der Kriegschronik von Kurt Säuberlich.
Mit der Mobilmachung vom 26. August 1939 wurden 22 Sänger zur Wehrmacht einberufen. Nach der Singstunde gab es bei Ludwig Heller in der Oberstadt (heutiges Gasthaus Schneider) keine großen Fleischportionen mehr und die Haspel gab es nur noch gegen Fleischmarken. Die Polizeistunde, mit dem Zwang zur Verdunkelung, war jetzt auf 24:00 Uhr festgesetzt. Mitte November 1939 versendete der Schriftführer an die Soldaten aus der Sängervereinigung Feldpostkarten und Briefe, die die Stimmung aus dem Vereinsleben wiedergaben. Am 11. Dez.1939 folgten dann 24 Feldpostpäckchen, die unter anderem 20 Zigaretten, eine illustrierte Zeitung, sowie die Unterschriften aller anwesenden Sänger der letzten Singstunde enthielten. Am 28. Jan.1940 erfolgte ein erstes Lazarettsingen in Giessen, bei dem 11 Lieder von 46 Sängern vorgetragen wurden. Die Fahrt dorthin wurde von der seit 8 Wochen herrschenden grimmigen Kälte (bis -30 °C) und hohem Schnee erschwert. Es herrschte Kohlenmangel, da Rhein und Main zugefroren waren, was die Versorgung mit Kohlen und anderen Gütern zusehends beeinträchtigte.
Am 09.07.1940 fand die Beisetzung eines großen Förderers und Ehrenmitgliedes der Cäcilia, Erbprinz Hermann Otto zu Solms- Hohensolms Lich, statt. Dieser war bei der Luftwaffe eingesetzt und dort von einer abstürzenden Maschine, bzw. Maschinenteilen, noch vor seinem ersten Flugeinsatz tödlich getroffen worden.
Hermann Uhrhan der vorzeitig aus dem Wehrdienst entlassen wurde, vertrat immer öfter den verhinderten Chorleiter Herrn Ilge. Nach dem Ableben des bisherigen Vereinswirtes Ludwig Heller am 21.03.1941, wurden die Vorstandssitzungen sowie die Jahreshauptversammlung ab dem Jahre 1942 bei Ludwig Vogt Wtw., in der Hintergasse durchgeführt. Ab dem 04.07.1943 konnten die Sänger die Turnhalle sowie auch Steins-Saal nicht mehr nutzen, da Frankfurter Firmen diese als Ausweichlager nutzten.
Auf der Rückfahrt von einem Chorbesuch in Wetzlar am 10.11.1941 wurde ein Zwischenstopp im Gießener-Schipkapass eingelegt. Um 23:00 Uhr gab es Fliegeralarm, woraufhin alle zum Bahnhof stürzten, da keiner in einen Luftschutzraum gehen wollte. Zum Glück war es ein Alarm ohne Bombenabwurf. In der Folge der weiteren Kriegsjahre wurde immer wieder in Lazaretten der Umgebung für verwundete Soldaten gesungen. So 1940 in Gießen, 1943 in Bad Nauheim und in Bad Salzhausen, 1944 in Gambach und Bad Salzhausen, 1945 dann im Licher Schloss mit 20 Sängern. Am 24. März 1945 fand die letzte Singstunde im „1000 jährigen Reich“ statt, denn am 28.März 1945 besetzten amerikanische Truppen unsere Stadt.
Mit Schreiben vom 13.Juni 1945 an die Cäcilianer wurde mitgeteilt, dass nach Genehmigung der amerikanischen Militärregierung am Samstag, 16.Juni 1945 die erste Singstunde nach dem Kriege um 20:30 Uhr im Gemeindesaal (heute Bürgersaal) stattfinden könne. Hierbei waren 38 Sänger anwesend. Weil der Ausgang noch bis 21:30 Uhr beschränkt war, wurde die Singstunde bis auf weiteres auf sonntags um 13:00 Uhr verlegt. Der Verein führte nun wieder den alten Namen MGV Cäcilia.
Am 24.Juni 1945 fand ein Dankgottesdienst statt, der von der Cäcilia mit gestaltet wurde.
Nachdem die Ausgangszeit von der amerikanischen Militärregierung auf 22:30 Uhr verlängert worden war, wurde die Singstunde ab 11.09.45 wieder samstags abgehalten. Der Bürgermeister versprach 2 mtr. Holz aus dem Stadtwald, zur Saalbeheizung für die Chorproben. Jakob Uhrhan war der dritte Bürgermeister aus den Reihen der Cäcilia im Amt. Ab dem 12.12.1945 wurde die Ausgangszeit nochmals um eine Stunde auf 23:30 Uhr verlängert.
Gerhard Dörmer
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